Zum Zustand der Linken in München und der Friedens- sowie der Anti-Militarismus-Bewegungen in der BRD

Die Texte „Kritik einer jungen internationalistischen Münchener Gruppe an das Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ und der Text „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg. Eine antimilitaristisch-antifaschistische Intervention“ sind im Zuge eines längeren Diskussionsprozess über den Zustand der Linken in München und die Friedens- sowie die Anti-Militarismus-Bewegungen in der BRD entstanden. Wir äußern solidarische Kritik und wünschen uns, dass sie gehört wird und zu Diskussionen anregen kann; auch im Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz und unter den Unterstützer*innen des aktuellen Aufrufs 2024.

Wir möchten uns im Vertrauen üben, dass wir als Bewegungen zu einer Stärke finden, die ihre Wurzeln nur in einer ungetrübten, radikalen linken Weltsicht haben kann. Alles andere kann, wird und wurde von den neoliberal-kapitalistischen, faschistischen Kräften einverleibt.

München International & break isolation

Positionen für einen solidarischen Kampf gegen die Covid-19-Pandemie & ihre Folgen

München im Januar 2022

Im April 2020 mitten in der ersten Covid-19-Welle haben wir im Gründungsaufruf unserer Initiative break isolation 12 konkrete Maßnahmen für eine solidarische Bekämpfung der Sars-CoV-2-Pandemie veröffentlicht. Bei einer Demonstration vor dem Bayerischen Innenministerium am 11. Mai 2020 forderten wir von der Regierung die sofortige Umsetzung dieser Maßnahmen lautstark ein. Bis heute sind die meisten Punkte dieses Maßnahmenkatalogs von den Politiker*innen und Krisenstäben nicht realisiert oder nicht konsequent umgesetzt worden. Aufgrund dieser Versäumnisse und Fehlentscheidungen sind allein in Deutschland zehntausende Menschen in der Covid-19-Welle zwischen November 2020 und März 2021 gestorben.

Zwischen der 4. und 5. Welle der Covid-19-Pandemie 2021/22 haben wir nun mit der Erfahrung der letzten beiden Jahre die gesellschaftliche Entwicklung erneut diskutiert, reflektiert und Positionen zu einer möglichst umfassenden Bekämpfung der Pandemie formuliert. Mit unserem Text möchten wir die nötige Diskussion insbesondere in den sozialen Bewegungen darüber stärken, welche Konsequenzen global aus dem letalen Versagen kapitalisierter Gesundheitssysteme in dieser Pandemie zu ziehen sind, wie in Zukunft Pandemien solidarisch und erfolgreich bekämpft werden könnten und was sich dafür grundlegend ändern müsste.

Drei Besuche auf Lesbos – ein persönlicher Bericht aus Moria und Kara Tepe

Unsere Freundin Mira Arman war zwischen Juli und Oktober 2020 drei Mal auf der griechischen Insel Lesbos. Sie traf dort Menschen, die auf ihrem Weg nach Europa in Moria festsaßen und begründete Freundschaften, die den Brand des Camps und die Umsiedelung nach Kara Tepe überdauerten.

Ihren eindrucksvollen und außergewöhnlichen Bericht über die Begegnung mit Menschen, »die es herzzerreißend zäh und unendlich tapfer mit ihrer Realität aufgenommen haben«, hat Mira Arman uns dankenswerter Weise für die online-Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Er gibt Einblick in den Alltag an den Toren der EU, in die »Tragödien, die sich dort abspielen, auf denen dieses Lager im Verbrechen an Menschenleben errichtet wurde«.

Aufruf zum Protest

Politiker*innen, Medien und Wissenschaftler*innen sprechen von den „besonders zu schützenden Bevölkerungsgruppen der Betagten, Hochbetagten sowie Risikogruppen mit schweren Vorerkrankungen“, wahlweise auch als Senioren, Alte, Schwache und Kranke bezeichnet.
Doch wie sehen die Schutzmaßnahmen für diese Menschen aus?
„Soziale Distanz“ ist das favorisierte Mittel für alle Menschen, die des besonderen gesellschaftlichen Schutzes bedürften.

Für die Menschen in Senior*innen- und Pflegeheimen, in „stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung“¹, in Einrichtungen für Asylbewerber*innen und Geflüchtete sowie in Gefängnissen bedeutet das vor allem eines: Isolation.

break isolation ist eine Initiative, die dem staatlich verordneten Eingesperrtsein ihrer Angehörigen und Freund*innen“ nicht widerstandslos zusieht. Wir wollen eine drohende psychische und physische Verelendung durch die Isolationsmaßnahmen verhindern. Denn insbesondere für ältere, kranke und kasernierte Menschen bedeutet die sogenannte „soziale Distanz“ eine schwerwiegende Belastung für den gesundheitlichen Zustand und gefährdet ihr Leben. Ursächlich für dieses Elend sind fehlerhafte, grob fahrlässige und perspektivlose Covid-19-Maßnahmen der Bundesregierung, aber auch von Landesregierungen wie der Bayerischen Staatsregierung (CSU) und der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg, die sich gegenseitig in autoritären Maßnahmen überbieten. Der Schutz für sogenannte „Risikogruppen“ muss endlich menschlich und medizinisch sinnvoll organisiert werden.

Alle Pflegebedürftigen in stationären Einrichtungen unterliegen seit Mitte März, also seit über sieben Wochen, einer physischen Kontaktsperre zu ihren Angehörigen und liebsten Menschen, also zu ihren eigenen Partner*innen, Freund*innen, Töchtern, Söhnen, Enkelkindern. Sie dürfen keine Besuche mehr bei sich empfangen und die Einrichtung nicht verlassen – noch nicht einmal zum Spazierengehen an der frischen Luft. Pflegekräfte, die schon vor Covid-19 schlecht bezahlt und unter angespannten Arbeitsbedingungen versucht haben, mit großem persönlichem Einsatz die Situation der Betroffenen erträglicher zu machen, werden jetzt noch einmal zusätzlich beansprucht Dienstpläne werden über den Haufen geworfen, Schichten auf 12 Stunden verlängert, der Arbeitsschutz ausgehebelt. Für den eigenen Gesundheitsschutz fehlt es vieler Orts an Hygienematerial.

Viele Hochbetagte können aufgrund ihrer Alterserkrankungen das Fernbleiben der geliebten Menschen nicht (mehr) einordnen. Sie fühlen sich verlassen und einsam, sie leiden unter der Situation und machen sich Sorgen, ob etwas vorgefallen ist, was die Beziehung dermaßen stört. Das Vermissen des physischen Kontakts ist meist schlimmer, als die altersbedingten Krankheiten. Oder anders gesagt, sind die körperlichen Beeinträchtigungen Viele Hochbetagte können aufgrund ihrer Alterserkrankungen das Fernbleiben der geliebten Menschen nicht (mehr) einordnen. Sie fühlen sich verlassen und einsam, sie leiden unter der Situation und machen sich Sorgen, ob etwas vorgefallen ist, was die Beziehung dermaßen stört. Das Vermissen des physischen Kontakts ist meist schlimmer, als die altersbedingten Krankheiten. Oder anders gesagt: die körperlichen Beeinträchtigungen sind meist nur durch die Nähe und die Beziehung zu den Angehörigen zu ertragen. Mit den von den Landes-Regierungen verfügten Covid-19-Maßnahmen, insbesondere der Kontaktsperre in den Pflege- und Therapie-Einrichtungen wird den Menschen genau das genommen, was für sie wichtig ist: Die Freude am Zusammensein mit ihren Lieben, der Austausch gemeinsamer Erinnerungen, das gemeinsame Betrachten von Fotos mit den Erzählungen über das Erlebte, die Anteilnahme am Alltag der Freund*innen und Familien sowie das Schmieden von Zukunftsplänen. Unsere Angehörigen brauchen Vertrauen, Kontakt, Zuwendung und Stabilität statt Isolation.

Wir fordern eine Aufhebung der Kontaktsperre für alle Betroffenen: break isolation!

Persönliche und sichere Kontakte für alle.

Warum gestehen die verantwortlichen Politiker*innen bis heute nicht ein, dass sie die Kontaktsperre nicht aus Schutz für die „besonders Gefährdeten“ veranlasst haben, sondern weil es der einfachste Weg ist und weil sie bis heute nicht für ausreichend Schutzausrüstungen, Desinfektionsmittel und Testmöglichkeiten gesorgt haben und sorgen. Es ist ein politischer Skandal, dass Politiker wie Ministerpräsident Markus Söder, der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und ihre Berater bis heute keinen Preisstopp auf lebenswichtiges Hygienematerial und Medizingeräte erlassen haben. Die verantwortlichen Politiker*innen sind bis heute nicht in der Lage, die Menschen ausreichend mit Schutzausrüstung zu versorgen: Das wäre ihre Aufgabe gewesen sowie die Aufgabe der so genannten Expert*innen, die seit Jahren die europäischen Gesundheitssysteme kaputtsaniert haben während die Produktion und Vorratshaltung von Schutzausrüstung, Medizinprodukten und Medikamenten zum Zwecke der Profitmaximierung unter katastrophalen Arbeits- und Umweltbedingungen in Billiglohnfabriken ausgelagert wurde.

Wir brauchen endlich eine soziale und gerechte Welt mit gleichen Rechten für alle Menschen – ohne unmenschliche und umweltzerstörende Arbeitsbedingungen und nationalistische Konkurrenz, Kriege und Rassismus. Wir wollen eine Welt der inter- und transnationalen Solidarität der Menschen gegen die zerstörerische Logik der Profitmaximierung für wenige Privilegierte.


¹ so wird es verfügt im „Notfallplan Corona-Pandemie Regelungen für Pflegeeinrichtungen“ vom 3. April 2020 und in der Bekanntmachungdes Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflegeebenfalls vom 3. April 2020 zum „Vollzug des Infektionsschutzgesetzes“ in allen stationären Einrichtungen, in denen Menschen die Selbstbestimmung im Zuge von Covid-19 genommen wurde.

Es ist inakzeptabel, dass das Infektionsschutzgesetz ohne demokratische Mitsprache und Kontrolle zahlreiche im Grundgesetz garantierte Grundrechte wie u.a. das Recht auf Selbstbestimmung und Freizügigkeit von Millionen Menschen sowie die Versammlungs-, Demonstrations- und Meinungsfreiheit aushebelt.

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12-Punkte-Forderungskatalog zur Covid-19-Pandemie & ihren Folgen

  1. Persönliche & sichere Kontakte statt Isolation. Unser Konzept zur Aufhebung der Isolation von stationär untergebrachten Personen erfolgt unter Beibehaltung der erforderlichen Covid-19-Schutzmaßnahmen für alle Beteiligten und die Einrichtungen:
    • Benennung von verantwortlichen Bezugspersonen. Mindestens 3 Angehörige und Freund*innen müssen möglich sein.
    • Verpflichtende Durchführung Schutzmaßnahmen bei diesen Bezugs- und Besuchspersonen unter analoger Anwendung auf das Pflegepersonal:
    • Covid-19-Testung vor dem ersten Besuch, Temperaturmessung vor jedem Besuch, Handhygiene, Tragen von Schutzmasken (wo möglich FFP2-Masken), regelmäßige Testungen.
  2. Ein sofortiger Preisstopp für alle Schutz- und Medizinprodukte, Masken, Desinfektionsmittel und Beatmungsgeräte sowie Medikamente.
  3. Sofortige Versorgung aller Menschen mit Schutzmasken (wo nötig und möglich mit FFP2-Masken), vorrangig aller Menschen in stationären Einrichtungen wie Krankenhäusern, Senior*innen- und Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen und Aufnahmelager für Asylbewerber*innen und Geflüchtete, Einrichtungen für Menschen mit Handicaps, Psychiatrien und Maßregelvollzug sowie in Gefängnissen.
  4. Keine Preisspekulation mit Impfstoffen und Medikamenten: Die Forschung und Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 müssen in gesellschaftlicher Hand organisiert werden und für alle Menschen weltweit zugänglich sein. Profite mit der Gesundheit und Krankheit von Menschen müssen verboten werden.
  5. Einmalige Krisenboni für Pflegekräfte alleine bringen keine Verbesserung für die berufliche Praxis und Situation! Es braucht eine grundsätzliche Aufwertung, gute Personalbemessung, erträgliche Schichtpläne, Erholungspausen und vor allem Zeit – auch und gerade für Hygiene-Maßnahmen.
  6. Staatlicher Finanzierungsausgleich für alle gesundheitlichen Kosten, die
    aus der Covid-19-Pandemie entstehen: Dazu gehören alle Kosten, die den Pflege-Einrichtungen durch die Preisspekulation und die Kostenexplosion allein für Schutzmasken entstanden sind. Diese müssen aus der Covid-Hilfe finanziert werden.
    Grundsätzlich müssen die Mehrkosten für angemessene Gehälter für Pflegekräfte in Zukunft gesellschaftlich getragen werden und nicht weiter auf Kosten der Betroffenen und deren Angehörige abgewälzt werden. Sonst droht eine weitere Verarmung großer Bevölkerungsgruppen.
  7. Wir fordern gesicherte Reisemöglichkeiten für alle Pflegekräfte zu ihren
    Familien in deren Herkunftsländer aus Mitteln der Covid-19-Soforthilfe.
  8. Für die sofortige Evakuierung aller zentralen Aufnahme-Einrichtungen und Lager für Asylbewerber*innen und Geflüchtete in Deutschland und an den EU-Außengrenzen sowie ihre sofortige dezentrale Unterbringung.
  9. Wohnungslose, Asylbewerber*innen und Geflüchtete sollen sofort in leerstehende Hotels ziehen dürfen. Kommunen in NRW haben teilweise schon vorgemacht, dass das möglich ist.
  10. Sozialprojekte der Wohnungslosenhilfe wie auch Beratungs- und Zufluchtstellen für Opfer sexualisierter und häuslicher Gewalt müssen sofort mit ausreichend Schutzausrüstung und finanziellen Mitteln ausgestattet und wieder geöffnet werden, weil sie Leben retten.
  11. Sofortige Gewährleistung des Schulunterrichts für Geflüchtete durch Betreuungspersonal und ausreichend PC-Arbeitsplätze.
  12. Auch in Zeiten von Covid-19 müssen der Wille von Patient*innen und Angehörigen sowie ihre Patientenverfügungen respektiert werden und Menschen würdevoll in Anwesenheit ihrer Liebsten sterben können.