Redebeiträge am 11.05.2020

Sprecher*innen der Initiative break isolation

Wir haben die Initiative break isolation gestartet, weil wir nicht länger tatenlos zusehen können, wie unsere FreundInnen und Angehörigen einfach weggesperrt werden.

Nach den Covid-19 Maßnahmen unterliegen alle Menschen in stationären Einrichtungen, wie Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen, Intensivpflege-WGs, Altenheimen sowie stationären Einrichtungen für Menschen mit Einschränkungen, Geflüchteten-Unterkünften und Psychiatrien seit Mitte März einer Kontaktsperre:
Das heißt, sie dürfen keine Besuche empfangen und die Einrichtungen nicht verlassen.

Ausgrenzen ist ganz offensichtlich einfacher, als sichere Konzepte für persönliche Kontakte und gesellschaftliche Teilhabe zu erarbeiten und diese durch die Bereitstellung der erforderlichen Schutzmaßnahmen zu gewährleisten.

Die Zustände in Geflüchteten-Unterkünften sind katastrophal.
Geflüchtete Menschen sind keine Risikogruppe!
Sie werden aber durch staatliche Kasernierung in Sammelunterkünften wissentlich dem Risiko der Gesundheitsgefährdung durch Covid-19 ausgesetzt, das ist unerträglicher Zynismus.

Das publicityträchtige Muttertags-Geschenk von Ministerpräsident Söder, das von heute auf morgen einer kleinen Gruppe den Kontakt zu nur einer Person ermöglicht, ist ohne Schutzkonzept für die Menschen in den Einrichtungen höchstgefährlich. Ein solches Konzept wird laut Protokoll der Kabinettsitzung der bayerischen Staatsregierung am 5. Mai vom Gesundheitsministerium in Abstimmung mit dem Sozialministerium noch erarbeitet werden.
Wir warten mit großem Interesse darauf!

Bis heute gibt es nicht ansatzweise genug Testkapazitäten für Pflegeheime, Krankenhäuser und alle aufgezählten stationären Einrichtungen, dafür werden 10-Tausende Corona-Test für die Bundesliga bereitgestellt.

Wir möchten mit der heutigen Kundgebung break isolation den Menschen eine Stimme geben, die seit über acht Wochen eingesperrt sind. Sie haben keine Lobby in Politik und Wirtschaft – wahrscheinlich, weil sie für eine Politik der Profitmaximierung und Verwertungslogik nicht relevant sind.

Wir sind heute hier, weil wir uns diesen Zuständen widersetzen.
Solidarität rettet Menschenleben!

Die Initiative break isolation hat einen 12-Punkte-Forderungskatalog zur Covid-19-Pandemie & ihren Folgen erarbeitet, den wir jetzt vorstellen werden:

Wir fordern

1. Persönliche & sichere Kontakte statt Isolation.
Unser Konzept zur Aufhebung der Isolation von stationär untergebrachten Personen erfolgt unter Beibehaltung der erforderlichen Covid-19-Schutzmaßnahmen für alle Beteiligten und die Einrichtungen:
• Benennung von verantwortlichen Bezugspersonen – mindestens drei Angehörige und Freund*innen müssen möglich sein.
• Verpflichtende Durchführung von Schutzmaßnahmen bei diesen Bezugs- und Besuchspersonen unter analoger Anwendung auf das Pflege-Personal:
• das heißt: Covid-19-Testung vor dem ersten Besuch, Temperaturmessung vor jedem Besuch, Handhygiene, Tragen von Schutzmasken (wo möglich FFP2-Masken), regelmäßige Testungen.
2. Ein sofortiger Preisstopp für alle Schutz- und Medizinprodukte,
Masken, Desinfektionsmittel und Beatmungsgeräte sowie Medikamente.
3. Sofortige Versorgung aller Menschen mit Schutzmasken (wo nötig
und möglich mit FFP2-Masken), vorrangig aller Menschen in stationären Einrichtungen wie Krankenhäusern, Senior*innen- und Pflege-Einrichtungen, Einrichtungen und Aufnahmelager für Asylbewerber*innen und Geflüchtete, Einrichtungen für Menschen mit Einschränkungen, Psychiatrien und Maßregelvollzug sowie in Gefängnissen.
4. Keine Preisspekulation mit Impfstoffen und Medikamenten: Die Forschung und Herstellung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 müssen in gesellschaftlicher Hand organisiert werden und für alle Menschen weltweit zugänglich sein. Profite mit der Gesundheit und Krankheit von Menschen müssen verboten werden.
5. Einmalige Krisenboni für Pflegekräfte alleine bringen keine Verbesserung für die berufliche Praxis und Situation!
Es braucht eine grundsätzliche Aufwertung, gute Personalbemessung, erträgliche Schichtpläne, Erholungspausen und vor allem Zeit – auch
und gerade für Hygiene-Maßnahmen.
6. Wir fordern einen staatlichen Finanzierungsausgleich für alle gesundheitlichen Kosten, die aus der Covid-19-Pandemie entstehen:
Dazu gehören alle Kosten, die den Pflege-Einrichtungen durch die Preisspekulation und die Kostenexplosion allein für Schutzmasken entstanden sind. Diese müssen aus der Covid-Hilfe finanziert werden. Grundsätzlich müssen die Mehrkosten für angemessene Gehälter für Pflegekräfte in Zukunft gesellschaftlich getragen werden und nicht weiter auf Kosten der Betroffenen und deren Angehörige abgewälzt werden. Sonst droht eine weitere Verarmung großer Bevölkerungsgruppen.
7.
Wir fordern gesicherte Reisemöglichkeiten für alle Pflegekräfte zu ihren Familien in deren Herkunftsländer aus Mitteln der Covid-19-Soforthilfe.
8. Für die sofortige Evakuierung aller zentralen Aufnahme-Einrichtungen und Lager für Asylbewerber*innen und Geflüchtete in Deutschland und an den EU-Außengrenzen sowie ihre sofortige dezentrale Unterbringung.
9. Wohnungslose Asylbewerber*innen und Geflüchtete sollen sofort in leerstehende Hotels ziehen dürfen. Kommunen in NRW haben teilweise schon vorgemacht, dass das möglich ist.
10. Sozialprojekte der Wohnungslosenhilfe, wie auch Beratungs- und Zufluchtsstellen für Opfer sexualisierter und häuslicher Gewalt müssen mit ausreichend Schutzausrüstung und finanziellen Mitteln ausgestattet und sofort wieder geöffnet werden, weil sie Leben retten.
11. Sofortige Gewährleistung des Schulunterrichts für Geflüchtete durch Betreuungspersonal und ausreichend PC-Arbeitsplätze.
12. Auch in Zeiten von Covid-19 müssen der Wille von Patient*innen und Angehörigen sowie ihre Patientenverfügungen respektiert werden und Menschen würdevoll in Anwesenheit ihrer Liebsten sterben können.

Die Corona-Krise zeigt:
Gesundheit, Wasser, Luft, Ernährung, Boden, und Bildung dürfen nicht zum Zwecke der Profitmaximierung für Wenige privatisiert werden. Wir brauchen den Aufbau solidarischer und sozialer Gesundheits-, Bildungs- und Sozialstrukturen in dezentraler Selbstverwaltung. Anstatt der Milliardengeschenke für die Autoindustrie und die Fluggesellschaften sowie
der Zig-Milliarden für militärische Aufrüstung, müssen die Steuergelder der Bevölkerung in die wirklich systemrelevanten Bereiche der Gesellschaft und
die Gesundheit der Menschen investiert werden.
break isolation – global solidarity!“